metallhandwerk-regional

Recht: Die Abnahme im Baurecht

Ein aktuelles Urteil zu Thema Abnahme gibt Anlass, sich wieder einmal mit dem Dreh- und Angelpunkt im Baurecht zu befassen. Das OLG Jena hat entschieden, dass von einer Abnahme durch Ingebrauchnahme spätestens nach 6 - 8-wöchiger Prüfzeit auszugehen ist (OLG Jena, Az.: 5 U 736/06) .  
Der Begriff „Abnahme“ ist weder im BGB noch in der VOB/B definiert. Sowohl das BGB (§ 640) als auch die VOB/B (§ 12) beschreiben die Abnahme allerdings einheitlich.

Sie stellt die Erklärung des Auftraggebers dar, dass er die erbrachte Leistung als vertragskonform anerkennt und entgegennimmt. Mit dieser Erklärung tritt also die Erfüllung des Vertrages ein.

Die Abnahme einer Leistung bedeutet die Anerkennung des Werks als eine der Haupt-sache nach vertragsgemäße Erfüllung.  Das Werk muss zu diesem Zeitpunkt nicht völlig frei von Mängeln, sondern nur frei von wesentlichen Mängeln sein. Was im Einzelfall als wesentlicher Mangel anzusehen ist, bestimmt sich anhand der Art des Mangels, seines Umfangs, und seinen Auswirkungen. Es kommt auf die Zumutbarkeitsgrenze aus objektiver Sicht im Verhältnis zwischen dem Vertragszweck und dem erbrachten Erfolg an.

Was viele Auftraggeber nicht wissen, die Abnahme ist eine dem Auftraggeber ob- liegende Hauptpflicht aus dem Werkvertragsverhältnis, auf die auch isoliert geklagt werden kann.

Rechtsfolgen der Abnahme

Mit der Abnahme wird der Werklohn fällig, geht das Risiko der zufälligen Beschädigung oder des Untergangs des Werkes auf den Auftraggeber über,
beginnt die Gewährleistungsfrist zu laufen, gehen Mängelansprüche wegen bekannter Mängel unter, verfallen nicht vorbehaltene Vertragsstrafenansprüche,
setzt die Gefahr- und Beweislastumkehr ein.
Bis zur Abnahme obliegt dem Auftragnehmer die Pflicht, bei Mangeleinwendungen des Auftraggebers nachzuweisen, dass er ein mangelfreies und vertragsgerechtes Werk erstellt hat. Die Abnahme ist der Zeitpunkt der Umkehr dieser Verpflichtung. Danach muss der Auftraggeber eine vertragswidrige Leistung des Unternehmers beweisen.

Abnahmeformen

Das Werkvertragsrecht nach BGB und VOB kennt drei Abnahmeformen:
- die förmliche Abnahme,
- die erklärte Abnahme,
- die stillschweigende Abnahme.
Die förmliche Abnahme geschieht in der Regel durch eine gemeinsame Baubegehung beider Vertragspartner nachdem von einem der Partner ein Abnahmeverlangen vorgebracht wurde und im Zuge der Baubegehung ein Abnahmeprotokoll angefertigt und von beiden Parteien unterzeichnet wird.

Bei der stillschweigenden Abnahme wird häufig auch von einer konkludenten Abnahme gesprochen, das heißt eine Abnahme durch schlüssiges Verhalten.
Diese kann beispielsweise durch Bezahlung der Vergütung oder durch Inbenutzungsnahme der Bauleistung erfolgen. Bei einem BGB-Vertrag ist in der Regel nach einer 6 - 8-wöchigen rügefreien Prüfzeit von einer Abnahme auszugehen.

Die VOB/B kennt noch eine vierte Abnahmeform: die fiktive Abnahme, die im § 12 Nr. 5 VOB/B geregelt ist. Danach gilt, sofern keine Abnahme verlangt wurde, das Werk als abgenommen, wenn nach der Fertigstellungsmeldung mehr als 12 Werktage ins Land gegangen sind oder der Auftraggeber die Leistung bereits seit 6 Tagen in Benutzung genommen hat.

Wichtig ist, dass der Auftragnehmer weiß, dass es im Rechtsverkehr zu Verbrauchern seit dem 01.01.2009 die VOB/B nicht mehr von sich aus zur Vertragsgrundlage machen kann und demzufolge gegenüber Verbrauchern die Abnahmeregelungen aus der VOB/B nicht greifen.

Die Rechtssprechung nimmt in der Regel einen Verzicht auf die Durchführung einer förmlichen Abnahme an, wenn der Auftraggeber mehrere Monate auf die Schlussrechnung des Auftragnehmers nicht reagiert hat und das Bauwerk in vorgesehener Form nutzt.

Beide Vertragspartner haben zu jeder Zeit das Recht, eine förmliche Abnahme zu verlangen. Kommt eine der Vertragsparteien dieser Aufforderung nicht nach, gerät sie nach Anmahnung in Abnahmeverzug, mit der Folge, dass sich die rechtliche Situation desjenigen, der die Abnahme verlangt hat, erheblich verbessert, indem dieser so gestellt wird, als sei die Abnahme erfolgt.

Teilabnahme

In sich abgeschlossene und fertiggestellte Teile der Werkleistung können separat ab-genommen werden. Entsprechende Regelungen finden sich sowohl im BGB (§ 641 Abs. 1 S. 2) und in der VOB/B (§ 12 Nr. 2).

Abgeschlossen ist eine Teilleistung, wenn sie für sich allein funktionsfähig und sich in ihrer Gebrauchsfähigkeit abschließend beurteilen lässt, und zwar in technischer Hinsicht, als auch im Hinblick auf die Nutzung.

Wird beispielsweise zunächst eine Heizungsanlage neben anderen geschuldeten Installationsleistungen fertiggestellt, ist diese abnahmefähig. Anders ist dies bei Rohinstallationen, da diese für sich weder nutzbar, noch in ihrer Funktionsfähigkeit abschließend beurteilt werden können.

Teilabnahmen haben hinsichtlich der abgenommenen Leistungen die gleiche Rechts-wirkung wie die Abnahme der Gesamtleistung. Sie stellen demnach keine Abnahmen 2. Klasse, mit untergeordnetem Wert dar. Das bedeutet also, dass für abgenommene Teile u. a. der Vergütungsanspruch entsteht und die Gewähr- leistungsfrist zu laufen beginnt.
Wird eine Teilabnahme zu Unrecht verweigert, gelten die gleichen Rechtsfolgen wie bei einer grundlosen Abnahmeverweigerung zur Gesamtleistung.

Abnahmeverweigerung

Die Abnahme kann nur bei Vorliegen wesentlicher Mängel verweigert werden. Das gilt nicht nur für VOB/B-Werkverträge, sondern nach der Schuldrechtsmodernisierung aus dem Jahr 2002, auch für BGB-Werkverträge.

Unwesentlich ist ein Mangel, wenn er in seiner Bedeutung so weit zurücktritt, dass es unter Abwägung der beiderseitigen Interessen für den Auftraggeber als zumutbar angesehen werden kann, abzunehmen.

Fazit

Ohne Klarheit zur Abnahme gibt es keine Klarheit zum Entstehen des Vergütungsanspruchs des Unternehmers, keine Klarheit zum Beginn der Gewährleistungsfrist, keine Umkehr der Beweislast in der Mängelfrage, keinen Gefahrübergang hinsichtlich der Beschädigung oder des Abhandenkommens der Werkleistung.

Der Unternehmer ist deshalb gehalten, der Abnahmeproblematik außerordentliche Aufmerksamkeit zu widmen. Anderenfalls riskiert er möglicherweise hohe finanzielle Verluste.

 

 


© 2000-2013 Landesinnungsverband Metall Sachsen-Anhalt • Harzburger Straße 11 • 39118 Magdeburg
Tel. 0391 - 60 76 831 • Fax 0391 - 60 76 832 • E-Mail info@metallhandwerk-regional.de
letzte Änderung: 05.08.2014