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EU-Bauprodukteverordnung: Stand des Überarbeitungsverfahrens

Was bisher geschah:

  • 30.03.2023 Veröffentlichung des EU-Kommissionvorschlags für eine neue Bauprodukteverordnung (E-BauPVO)
  • 23.05.2023 Ausschuss für Binnenmarkt und Verbraucherschutz des Europäischen Parlaments (IMCO): Annahme des Berichts über die Überarbeitung der BauPVO
  • 30.06.2023 Rat der Mitgliedstaaten: Veröffentlichung seiner Verhandlungsposition als sog. Allgemeine Ausrichtung.
  • 11.07.2023 Plenum des EU-Parlaments: Abstimmung über die Verhandlungsposition des Europaparlaments zum EU-Kommissionvorschlag für die Überarbeitung der Bauprodukteverordnung

Ziel der neuen BauPVO ist zum einen die Bereinigung der Fehler der aktuellen BauPVO, zum an-deren das Normungsverfahren und die Nachhaltigkeit von Bauprodukten zu verbessern. Die Anforderungen an Bauprodukte werden dadurch komplexer, da der Vorschlag eine Reihe neuer Anforderungen an die Nachhaltigkeit von Bauprodukten vorsieht.

Die Position der Bau- und Ausbaugewerke sowie der europäischen KMU-Vertreter zur Überarbei-tung der Bauprodukteverordnung ist erwartungsgemäß annähernd gleich. In der „SBS Construction-Arbeitsgruppe“ sind die KMU-Standpunkte zusammengeführt und abgestimmt worden und schließlich mit Abstimmungsempfehlungen an EU-Parlamentsabgeordnete geschickt worden. Viele der Vorschläge wurden berücksichtigt. Im Wesentlichen geht es um:

Vereinfachte Verfahren

Wegen unklarer Formulierungen wurden die Art. 37 „Anwendung vereinfachter Verfahren durch Kleinstunternehmen“ und 38 „Andere vereinfachte Verfahren“ der aktuell gültigen BauPVO immer wieder diskutiert. Der EU-Kommissionsvorschlag hält daran fest (Art. 64 ff. E-BauPVO). Art. 65 E-BauPVO gibt Kleinstunternehmen die Möglichkeit, Bauprodukte, die unter das Konformitätssystem 3 fallen, nach System 4 zu behandeln. Art. 66 erlaubt Herstellern von nicht in Serie hergestellten Sonderanfertigungen eine Spezifische Technische Dokumentation zu erstellen. Die Erfüllung dieser Anforderungen (Art. 65 Abs. 2) bzw. die ordnungsgemäße Erfüllung der Verpflichtungen (Art. 66 Abs.2) soll dann aber von einer Technischen Bewertungsstelle (z.B. dem DIBt) oder einer notifizierten Stelle bewertet und bestätigt werden. Das wurde umfänglich kritisiert, weil es letztlich keine Vereinfachung darstellt. Das Parlament will Art. 66 streichen. Zu Art. 65 wird kein Änderungsvorschlag zum EU-Kommissionsvorschlag vorgebracht. Der Rat dagegen will Art. 65 streichen, da dieser Artikel in der Praxis nicht hilfreich war. Art. 66 soll erhalten bleiben. Es wird klargestellt, dass sich die Äquivalenz mit harmonisierten Normen lediglich aus der Technischen Dokumentation ergeben muss. Technische Bewertungsstellen oder notifizierte Stellen sollen nur bei Bauprodukten, die AVS-System 1, 1+ oder 3 unterliegen, bewerten, dass das Produkt die geltenden Anforderungen erfüllt und darüber eine Bestätigung ausstellen.

Anwendungsbereich

Der Anwendungsbereich soll sowohl nach Rat als auch nach EU-Parlament auf die Vermarktung der Bauprodukte beschränkt sein. Dazu soll Art. 1, 2 Abs. 1 c) des Kommissionsvorschlages ange-passt und alle Hinweise auf die sog. Direktinstallation und Dienstleistungen (z.B. in Art. 1) gestri-chen werden.

Damit wäre klargestellt, dass die werkvertraglichen Dienstleistungen beim Einbau oder der Bear-beitung eines Bauprodukts auf der Baustelle nicht Gegenstand der BauPVO sind, für diese also keine Leistungserklärung erstellt und keine CE-Kennzeichnung aufgebracht werden muss. Darunter sollen auch Bauprodukte fallen, die im Betrieb zwecks Einbaus auf der Baustelle vormontiert werden.

Ausnahmen von der Erstellung einer Leistungserklärung

Art. 10 Abs. 4 des Kommissionsvorschlags gibt den Mitgliedstaaten die Möglichkeit, Kleinstunternehmen, die Bauprodukte herstellen und nur regional vertreiben, vom Erstellen einer Leistungserklärung auszunehmen. Das EU-Parlament sieht hier keine Änderung vor, der Rat will diese Möglichkeit streichen. Betroffene Kreise in Deutschland waren sich bis zum Schluss nicht einig, ob diese Möglichkeit zu begrüßen sei. In Deutschland müsste eine solche Ausnahme zunächst mit 16 Bundesländern verhandelt werden. Die Ausnahmevorschriften des Art.10 Abs. 1 a) der E-BauPVO für individuelle oder sondergefertigte Bauprodukte und des Art. 10 Abs. 1c) für die Denkmalkonservierung werden weder vom Rat noch vom Parlament in Frage gestellt. Deren Umsetzung in der aktuell geltenden BauPVO zum Beispiel für den Stahlbau ist bis heute unklar.

Umweltverpflichtungen

Art. 22 der E-BauPVO sieht vor, dass ein Hersteller die in Anhang I Teil A Nr. 2 aufgeführten Merkmale im Zusammenhang mit dem Lebenszyklus des Bauprodukts bewertet. Auch Rat und Parlament sprechen sich für eine Lebenszyklusbetrachtung aus. Der Rat will Art. 22 streichen, bringt die Idee aber u.a. in Art. 12 Abs. 2a(neu) unter. Die im EP-Plenum angenommenen Änderungsvorschläge beinhalten Textänderungen zu Art. 22 sowie die Forderungen der Zertifizierung mit dem EU-Ecolabel.

Demontage von Bauprodukten

Zwecks Wiederverwendung bzw. Wiederaufbereitung sollten Rückbau- bzw. Abbruchunternehmen lt. Kommissionsvorschlag nach Art. 29 Aussagen zur Dauerhaftigkeit von Produkten in der Liefer-kette geben. Der Rat will Art. 29 (und damit folgerichtig auch Art. 12 Geänderte Leistungserklärung für gebrauchte, wiederaufbereitete und überschüssige Produkte) streichen und folgt somit der Forderung der Bauwirtschaft. Er will Teilaspekte jedoch in anderen Artikeln der neuen BauPVO unterbringen. Das Parlament hat keine Änderungsvorschläge zu Art. 29 angenommen.

Normungsverfahren

Ein Normenstau soll zukünftig verhindert werden. Die EU-Kommission setzt dabei in Art. 7 E-Bau-PVO auf die Klarstellung der harmonisierten Zone. Rat und Parlament haben jeweils eigene Vorschläge.

Weiteres Verfahren

Bereits am 17.07.2023 haben die Trilogverhandlungen zwischen Rat, EU-Parlament und EU-Kom-mission begonnen. Bis April 2024 sollen die Verhandlungen abgeschlossen und eine Einigung er-zielt sein.

Autor:
Dipl.-Ing. Karsten Zimmer
Gewerbespezifische Informationstransferstelle beim Bundesverband Metall, Essen.


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letzte Änderung: 10.04.2024